Meine erste Berührung mit österreichischem Wein hatte ich vor bestimmt mehr als 20 Jahren bei den Obauers in Werfen. „Unendlich“ hiess der Wein und er schmeckte auch so. Das prägte mein Bild von Weinen aus der Wachau für lange Zeit: viel Körper, viel Alkohol, viel Botrytis, viel Geschmack, super Lagerfähigkeit.
Altern diese Weine gut und viele davon haben das Zeug zum Langläufer, so können Sie im Alter richtig Spaß machen. Sind sie jung so treffen sie nicht ganz so meinen persönlichen Geschmack.
Auf der Hausmesse eines Nürnberger Weinhändlers schickte mich vor ein paar Jahren dann ein Freund zum Stand von Peter Malberg mit dem Tipp, doch mal seinen „Weitenberg Grünen Veltliner“ zu probieren. Der Wein war sehr dezent, weder in der Nase noch im Mund gab er viel von sich preis, so „leise“ kannte ich österreichischen Wein gar nicht. Man musste auf die Nebentöne achten. Auch die Rieslinge konnten mich voll überzeugen.
Ich vergleiche diese beiden Weinstile gerne mit Musik, wo es ja auch ein breites Spektrum an Stilen gibt und sich in vielen klassischen Musikstücken leise Sätze abwechseln mit kraftvollen lauten Passagen. In der Mischung ist das umso reizvoller und deshalb finde ich auch, sollte nicht jeder Winzer auf den fahrenden Zug der leisen Weine aufspringen, sondern seinen eigenen Ideen vertrauen und seine persönliche Handschrift entwickeln, egal ob kraftvoll oder filligran.
Auf dem Weg zum WSET Diploma Kurs in Rust beschloss ich dann vor einigen Wochen einen Tag in der Wachau und dem angrenzenden Kremstal zu verbringen, das sich nahtlos an die Wachau anschliesst und mir vor Ort einmal anzuschauen, wie der Jahrgang 2015 von Peter Malberg und Urban Stagard interpretiert wird. Zwei Winzer die für einen neuen leichteren Weinstil mit einer anderen Balance und mehr Finesse stehen. Der Focus lag dabei auf Riesling, wie könnte es bei mir auch anders sein.
Die erste Station war das Weingut von Urban Stagard, das am Rande der Wachau und offiziell schon im Kremstal liegt. Sein Herz schlägt für den Riesling . Er gehört zur jungen Garde der Winzer, die es schon auf die Weinkarte von Aldo Sohm in New York geschafft haben: mit einem Grünen Veltliner, dabei sind die Rieslinge von Urban noch viel bemerkenswerter und längst kein Geheimtipp mehr.
Urban’s Vorschlag mir seine Weinlagen zu zeigen nahm ich dann auch sehr gerne an. Rund um Krems „sammelt“ er spannende Riesling-Lagen, sie sich teilweise hoch über der Donau in kleinen Parzellen am Hang befinden. Dabei hat er in den letzten Jahren ein imposantes Portfolio zusammengestellt. Im Weinberg arbeitet er nach biologischen Gesichtspunkten. Im Keller vergärt er mit einem Anteil Beeren und lässt die Weine lange auf der Vollhefe liegen. Urban verlässt sich auf sein Gefühl bei der Weinbereitung, dabei hat er aber trotzdem auch die Analysewerte seiner Weine zur Hand und ich finde, dass ist kein Widerspruch. Er möchte die Lagen schmeckbar machen und das gelingt im gut. Beim späteren Probieren der 2015er Fassproben war ich überrascht wie unterschiedlich die Rieslinge sind. Mein Lieblingswein war der Steiner Schreck. Dass er auch sehr gut Cuvertieren kann, beweisst er mit dem Ströck.
Kommen wir zurück auf den Anfang und Peter Malberg’s Weine. Er war einer der Vorreiter für einen neuen Weinstil in der Wachau. Wir sitzen in seinem neuen Haus direkt gegenüber der Lage Bruck im Spitzer Graben und schauen durch die Panorama Fenster auf die Weingärten. Das Klima ist hier ein anderes als direkt an der Donau.
Seine Philosophie ist davon geprägt die Dinge im Gleichgewicht zu lassen und mit der Natur im Einklang zu leben um Wein zu erzeugen. Das heißt für ihn, die Trauben dann zu lesen, wenn die ersten Vögel anfangen sie zu fressen, lieber etwas zu früh als zu spät. Dann ist die Säure in den Trauben noch präsent und die niedrigen PH- Werte sorgen für Frische im späteren Wein. Er muss dann auch das Lesegut nicht schwefeln und die Spontanvergärung startet gut. Logische Wirkungsketten finde ich.
Mein Favorit ist der „Bruck Riesling 2015“ an diesem Tag, zeigt er doch die Kühle und Frische der hoch gelegen Lage und die herrliche Frucht des Jahrgangs. Dicht gefolgt von „Brandstatt 2015“ und „Liebe Dich GV 2015“ Peter Malberg gehört auch zu denjenigen die viel Geld und Arbeit in die Restaurierung der alten Terrassenlagen in der Wachau stecken. Das zeigt sich auch in einer Lage, die an die Bruck Parzelle links anschliesst.
Brandstatt ist mein Rekultivierungsprojekt im Spitzer Graben, dem kühlsten Gebiet der Wachau, auf ca. 450 m Seehöhe. Der ursprünglich verwahrloste Glimmerschiefer-Weingarten wurde nach Instandsetzung der Mauern nach und nach wieder mit Riesling bestockt. Mein Anspruch ist, auf diesem urtümlichen Terrassen-Weingarten einen kompromisslosen Wein zu keltern, bei dem weniger die Rebsorte zum Ausdruck kommen soll, als vielmehr das Terroir und eine alte Weinbereitungstradition. Dazu gehört eventuell eine Maischegärung ebenso, wie langer Ausbau im heimischen Akazienfass.